Customer Journey Tracking im Affiliate Marketing

Lesedauer: 7 Minuten

In unserer dreiteiligen Serie möchten wir das Thema Provisionen im Affiliate Marketing aufarbeiten.
Teil 1 stellte verbreitete Provisionsmodelle mit deren Vor- und Nachteilen vor und verriet im Anschluss 5 Tipps für Betreiber von Affiliate Programmen. Mit Teil 2 stiegen wir etwas tiefer in vielschichtige Provisionsmodelle ein und stellten einige Branchenbesonderheiten vor. Der dritte und letzte Teil widmet sich dem Customer Journey Tracking und einer entsprechenden Vergütung.

Customer Journey Tracking ist ein Thema, welches schon seit Jahren immer wieder auf Konferenzen und in der Presse diskutiert wird. Auch in unserem Affiliate Trend-Report 2017 haben wir das Thema behandelt und interessante Insights erhalten:

– Für 50 % der Advertiser ist Attribution und Customer Journey Tracking eines der Trendthemen 2017
– 38 % der Advertiser planen, ein Customer Journey Tracking 2017 einzusetzen
– 50 % der Affiliates sehen Probleme durch Last-Cookie-Wins Vergütungen

Um für diesen Artikel eine gemeinsame Grundlage zu schaffen, folgt nun eine Erläuterung, was unter Customer Journey Tracking verstanden wird.
Wie der Name schon sagt, bezeichnet Customer Journey die gesamte Reise eines Kunden vom Erstkontakt (View oder Klick) über die weiteren Kontakte zu beispielsweise einem Onlineshop bis hin zum finalen Kauf.

So könnte eine Customer Journey beispielhaft aussehen:

Beispielhafte Customer Journey

In diesem Beispiel würde man ohne ein Customer Journey Tracking, welches alle Touch Points der Journey misst, den Kauf zu 100 % auf die SEA Anzeige zurückführen.

  Warum ist das nicht ideal?

– Die Online Marketing Kanäle werden falsch gewichtet
– Entsprechend bekommen sie ggf. zu wenig oder zu viel Budget zugewiesen
– Dies wirkt sich negativ auf die Strategieoptimierung aus

In der Theorie herrscht zum großen Teil Einigkeit darüber, dass der Einbau eines Customer Journey Trackings sinnvoll ist. Doch aktuell wird es laut unserem Affiliate Trend-Report 2017 erst von 31 % der Advertiser eingesetzt. Als Gründe für diesen geringen Anteil wurden genannt:

– 63 %: Technische Implementierung ist zu aufwändig
– 38 %: Keine Zeit mich darum zu kümmern
– 25 %: Kosten/Nutzen stehen in keinem Verhältnis
– 13 %: Interne politische Gründe
– 13 %: Fehlendes Verständnis dafür

Der technische sowie auch der zeitliche Aufwand dürfen nicht unterschätzt werden.
Beim Aufsetzen der Struktur müssen ggf. unterschiedliche Abteilungen oder Agenturen mit einbezogen werden, bevor es dann an die technische Implementierung geht. Die gewonnenen Daten müssen anschließend natürlich auch interpretiert werden – mit dem Ziel, Online Marketing Kampagnen zu optimieren und ggf. Budgets sinnvoller zu verteilen.

Speziell im Affiliate Marketing ist jedoch nicht nur das Customer Journey Tracking, sondern auch eine entsprechende Customer Journey Vergütung interessant.

Möchte ein Advertiser zu einem bestimmten Keyword bei Google AdWords an erster Stelle platziert werden, bezahlt er pro Klick auf die Anzeige einen Preis x – unabhängig davon, an welcher Stelle der Customer Journey sich dieser Klick befindet. Der Preis kann durch ein Customer Journey Tracking nicht beeinflusst werden.

Im Affiliate Marketing jedoch kann die Vergütung entsprechend angepasst werden, da nicht jeder Klick bezahlt werden muss.
Aktuell ist das am meisten genutzte Vergütungsmodell das Last-Cookie-Wins-Modell, bei dem derjenige Affiliate 100 % der Provision bekommt, über den der Käufer den letzten Klick vor Kauf gesetzt hatte. Eine Customer Journey besteht jedoch meist aus mehreren Touch Points, sodass alle anderen Publisher, die vorher Klicks oder auch Views generiert hatten, leer ausgehen.

Durch ein Customer Journey Tracking können alle an einem Kauf beteiligten Affiliates in die Vergütungsstruktur einbezogen werden.

 Aber wäre es überhaupt relevant, im Affiliate Marketing ein Customer Journey Tracking mit entsprechender Vergütung einzurichten?

Ganz klar ja – das zeigte unter anderem eine interessante Analyse von Awin, die über einen Zeitraum von drei Monaten die Customer Journeys im Fashion-Bereich analysierte. Diese Analyse zeigte eindeutig, dass das Last-Cookie-Wins-Modell vor allem Content-Seiten und Blogs nicht gerecht wird. Denn diese inspirieren und informieren den User, zur Konvertierung führen dann aber häufig Shopping-, Gutschein- und Cashback-Affiliates.

Eine Customer Journey Vergütung, bei der alle Publisher anteilig vergütet werden, die an der Journey beteiligt waren, ist damit fairer als das Last-Cookie-Wins-Modell.

 Eine berechtigte Frage könnte nun lauten:

Wenn ich als Advertiser meine Affiliates mit einer Customer Journey Vergütung fairer vergüte – erziele ich damit nicht nur eine Umverteilung der Provision oder kann das auch zu mehr Umsatz führen?

Es kann! Aufgrund der genannten Analyse von Awin richtete ein Fashion-Shop eine Pay-Per-Assist Kampagne ein, bei der jeder Affiliate, der am Kaufprozess beteiligt war, eine zusätzliche Vergütung erhielt. Dies führte zu einer Reichweitensteigerung von 19 % und einer Umsatzsteigerung von 61 %. Für jeden investierten Euro wurden 17 € Umsatz generiert.

Weitere Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung einer Customer Journey Vergütung sind DocMorris und OTTO. Die beiden Shops gehörten zu den ersten, die eine Customer Journey Vergütung für ihr Partnerprogramm umsetzten – bereits 2013 haben wir auf AffiliateBLOG.de ein Interview mit beiden geführt und erfahren, dass sie schon damals viel positives Feedback von ihren Affiliates bekommen haben.

DocMorris vergütet die letzten 5 Kontakte vor Kauf sowie den Erstkontakt. Der Erstkontakt erhält immer 16 % des Anteils an der Gesamtvergütung, die maximal 4 Kontakte zwischen Erst- und Letztkontakt jeweils anteilig 1 % und der Letztkontakt somit mindestens 80 %.

Grafische Darstellung des DocMorris Attributionsmodells
Grafische Darstellung des DocMorris Attributionsmodells

Bei OTTO erhält jeder Publisher, der einen Touch Point zu einem Sale geliefert hat, eine anteilige Vergütung. Wie hoch diese ausfällt, wird mittels unterschiedlicher Attributionswerte berechnet, unter anderem dem zeitlichen Abstand zu weiteren Touch Points. Dadurch wird ein eCPC von bis zu 0,70 € erreicht.
Details zum aktuellen Modell von DocMorris gibt es hier, zum aktuellen Modell von OTTO hier.

Alleine an diesen beiden Beispielen ist zu erkennen, dass es vielschichtige Möglichkeiten gibt, wie ein Customer Journey Provisionsmodell aufgebaut werden kann.
Nach dem Aufsetzen ist es schließlich auch an den Affiliates, die eigenen Ergebnisse auszuwerten, zu beurteilen und zu optimieren – denn klar ist auch, dass nicht jeder Affiliate automatisch mehr verdienen wird als vorher. Hier ist es zudem wichtig, dass die Affiliates entsprechende Informationen darüber erhalten, an welcher Stelle der Customer Journey sie stehen, um selbst Schlüsse ziehen und optimieren zu können.

Spätestens an dieser Stelle unserer Überlegungen wird klar, dass ein Customer Journey Tracking und eine Customer Journey Vergütung für den Affiliate Kanal zwar sehr vielversprechend, jedoch nicht schnell und einfach umsetzbar sind.

 Wie kann ich mich als Advertiser an das Thema herantasten?

Einige Netzwerke bieten inzwischen entsprechende Funktionen an:

– TradeTracker: Real Attribution
– Awin: Pay Per Assist
– affilinet: affilinet Assist (reines Statistik-Tool)
– Tradedoubler: TD ADAPT (reines Statistik-Tool)

Zu bedenken ist hier, dass Touch Points außerhalb des Affiliate Kanals nicht berücksichtigt werden und die Umsetzung schon schwierig wird, wenn das Partnerprogramm bei mehreren Netzwerken aktiv ist.
Ein tieferer Einblick und spannende Erkenntnisse sind über die genannten Funktionen aber mit Sicherheit gegeben. Und wie der oben genannte Case von Awin zeigt, lassen sich auch im kleineren Rahmen schon große Erfolge erzielen.

Daher empfehlen wir, sich Schritt für Schritt an das Thema heranzutasten und mit dem eigenen Affiliate Experten und entsprechenden Technikdienstleistern auszutauschen, wie sich ein Customer Journey Tracking umsetzen lässt.
Wenn das Tracking implementiert wird, muss nicht sofort ein entsprechendes Attributionsmodell umgesetzt werden – es ist zunächst sinnvoll, die über einen gewissen Zeitraum gewonnenen Daten zu interpretieren und damit die eigenen Kunden besser kennenzulernen.
Dadurch lässt sich erkennen, welche einzelnen Publisher-Modelle innerhalb des Affiliate-Kanals an welcher Stelle der Customer Journey stehen und welche Modelle hochwertigen Traffic liefern. Somit lassen sich einzelne Modelle besser bewerten – und auf Basis dieser Daten kann dann ein faireres Customer Journey Vergütungsmodell erstellt werden.